In besonderen Situationen ist es manchmal nicht möglich, medizinische Instrumente selbst aufzubereiten – sei es, weil der Sterilisator defekt ist oder in der Praxis umgebaut wird. Ist es dann ohne weiteres möglich, die Aufbereitung von einer anderen Praxis oder einem Dienstleister durchführen zu lassen? Die Aufbereitung durch Dritte ist eine risikobehaftete Maßnahme, denn sie geht mit einer Reihe von regulatorischen und juristischen Fallstricken einher. Eine spontane Auslagerung dieser Hygienemaßnahme, und sei es nur für wenige Tage, ist nicht ohne weiteres möglich. Ein geplantes Vorgehen zum dauerhaften Auslagern der Aufbereitung kann sinnvoll sein, unterliegt aber einer Reihe von Rahmenbedingungen. Was genau zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Blogeintrag.
Der wichtigste Hinweis gleich zu Beginn: Die Haftungspflicht gegenüber den Patienten trifft immer den Praxisbetreiber, der die Behandlung durchgeführt hat bzw. hat durchführen lassen. Es ist also irrelevant, was im Vertrag zwischen Betreiber und externem Aufbereiter an Haftungsübernahmen geregelt ist. §3 (1) der MPBetreibV (Medizinprodukte-Betreiberverordnung) weist die Verantwortung für den sicheren Betrieb von Medizinprodukten klar dem Betreiber zu. Somit muss die Aufbereitung durch einen Dritten immer überwacht werden - wie etwa durch Vorlage von entsprechenden Nachweisen wie Validierungs- und Wartungsberichten oder sogar eigene Audits beim Aufbereiter. Doch ein Restrisiko bleibt aufgrund der mangelnden Kontrolle über externe Prozesse. Im eigenen Unternehmen kann der Betreiber Prozesse durch geeignete Maßnahmen steuern und verbessern; dies ist beim Outsourcing nur sehr begrenzt möglich.
Um behördliche Unannehmlichkeiten zu vermeiden, sollte bei Unternehmen, die ausschließlich für Dritte aufbereiten, durch z.B. Vorlage von Dokumenten geprüft werden, ob diese ihre Tätigkeit bei der zuständigen Aufsichtsbehörde angezeigt haben. Da dies gem. §4(1) MPDG (Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz) vorgeschrieben ist und der Betreiber gem. §8(7) MPBetreibV nur Personal und Betriebe beauftragen darf, die die gesetzlichen Anforderungen der MPBetreibV erfüllen, sollte diese externe Überwachung durch die Aufsichtsbehörde unbedingt überprüft werden.
Unabhängig davon sollte sich der Betreiber beim Dienstleister über die Maßnahmen zur Umsetzung eines funktionsfähigen Qualitätsmanagements (z.B. durch eine externe Zertifizierung) informieren. Hierzu zählen u.a. das Vorhandensein von Standardarbeitsanweisungen für die manuellen sowie Validierungs- und Wartungsberichte für die maschinellen Teilschritte der Aufbereitung, Qualifikationsnachweise der Mitarbeiter und die schriftliche Freigabe der aufbereiteten Medizinprodukte. Entsprechende Nachweise sind einzufordern, insbesondere die schriftliche Freigabe inkl. einer Chargenzuordnung bei kritischen Medizinprodukten. Die Nachweispflicht der Sterilität jeder Charge gegenüber der Aufsichtsbehörde liegt nämlich wieder beim Betreiber und eine alleinige Dokumentation beim Dienstleister ist nicht ausreichend. Die Unterlagen sind fünf Jahre aufzubewahren und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzuzeigen. (Vgl. 2.2.8, KRINKO-BfArM-Empfehlung)
Weitere zu klärende Fragen im Rahmen einer externen Aufbereitung wären:
- Erfolgt die Aufbereitung gemäß den Anforderungen, die sich aus der Risikoeinstufung des Medizinprodukts gem. KRINKO-BfArM-Empfehlung ergeben? Diese Anforderungen sind gem. §8(2) MPBetreibV unbedingt einzuhalten, wenn von einer ordnungsgemäßen Aufbereitung ausgegangen werden soll. Darüber hinaus sollte ein Verfahren zur Übermittlung und Umsetzung von Änderungen implementiert werden.
- Werden die Anforderungen der Hersteller zur Aufbereitung der Medizinprodukte erfüllt? Insbesondere die Verträglichkeit mit speziellen Verfahren wie Ultraschallreinigung, Aufbereitung im RDG sowie die Eignung für die ggf. verwendeten Desinfektionsmittel und -verfahren ist zu prüfen. Unter Umständen sind vor Aufnahme der Aufbereitungstätigkeiten die Herstellerangaben aller Medizinprodukte erneut zu prüfen.
- Erfolgt der Transport der aufbereiteten Medizinprodukte so, dass eine Verletzung der Sterilbarriere (insbesondere bei Papier-Folien-Verpackungen) und somit eine Rekontamination ausgeschlossen werden kann? Wer übernimmt im Falle einer Beschädigung die Kosten für Resterilisation oder den Ersatz des Produkts?
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine Aufbereitung durch Dritte durchaus möglich ist, jedoch einer Reihe von regulatorischen Anforderungen unterliegt, die im Vorhinein abgeklärt werde müssen. Insbesondere für mobile Therapeuten; wie z.B. Podologen ohne eigene Praxis; kann dieses Vorgehen sinnvoll sein, solange die rechtlichen Aspekte wie oben dargestellt beachtet werden. Eine kurzfristige Auslagerung der Aufbereitung z.B. aufgrund eines Maschinendefekts erscheint aufgrund der Fülle der Anforderungen nicht realistisch. Hier ist möglicherweise eine Stilllegung der Aufbereitung bis zur Behebung des Problems die juristisch sicherste Variante.